650-Watt-Netzteile im Test: Testergebnisse elektrischer Messungen

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Nico Schleippmann
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Für die Netzteile kamen während der Tests folgende selbstkalkulierte Lasten zum Einsatz. Die prozentualen Auslastungen stellen dabei die Lastverteilung nach, wie sie die 80Plus-Organisation bis auf die Crossload-Szenarien verwendet. Die festen Lasten sollen typische Lastverteilungen aktueller Hardware-Konfigurationen nachstellen.

Die im Test verwendeten Lasten im Detail

Die einzelnen Ergebnisse jeder Kategorie können anhand der Schaltflächen über den Diagrammen durchgeschaltet werden.

Effizienz

Die Anforderungen an den Wirkungsgrad für eine Zertifizierung nach 80Plus Gold erfüllen die beiden Probanden problemlos. Das XPG Core Reactor 650W kommt sogar sehr nahe an die Effizienz für 80Plus Platinum heran und verfehlt diese nur knapp bei Halb- und Volllast.

Diagramme
Effizienz bei 115 Volt Eingangsspannung – Relative Lasten
757983879195Prozent 10 %20 %50 %100 %110 %

Bei Schwachlast gelingt dem Corsair RM650x aber ein höherer Wirkungsgrad, der auch im besser vergleichbaren Szenario mit „festen“ Lasten gemessen werden kann. Im Vergleich zur Gesamthistorie ordnet es sich bei niedriger Auslastung weiter oben in der Bestenliste ein, muss sich aber gegen die Konkurrenz aus dem Haus be quiet! und Super Flower ab einer Last von 80 Watt geschlagen geben. Insgesamt ähnelt der Wirkungsgradverlauf des RM650x sehr stark dem des RM650. Den Effizienzvorteil kann das Core Reactor letztlich nur bei höheren Lasten ausspielen, nicht aber bei Belastungen von 550 Watt und mehr, für die es kaum noch einen Vorsprung gegenüber der Konkurrenz aufweisen kann.

Spannungsregulation

Die Spannungsregulation funktioniert bei beiden Netzteilen äußerst gut. Auf der 12-Volt-Schiene ist mit der Last aber kein stetiger Abfall der Spannung zu erkennen, sondern es gibt einen kleinen Peak bei einer Last von 80 bzw. 140 W, was mit einem Umschalten des Leistungswandler vom Energiesparmodus in den Regulärbetrieb zu erklären wäre.

Diagramme
Spannungsregulation +12 Volt – Feste Lasten
11,011,411,812,212,613,0Volt 6 Watt35 Watt80 Watt140 Watt210 Watt290 Watt400 Watt550 Watt

Auf den Minor-Rails ist dieses Verhalten nicht festzustellen, allerdings ist die Lastregulation mit einer Abweichung um nur wenige Hundertstel Volt sehr präzise.

Restwelligkeit

Aufgrund der zusätzlichen Kondensatoren in den Kabelenden des RM650x kann das Netzteil äußerst gute Werte bei der Restwelligkeit aufweisen. Mit maximal 17 mV verbleibender Wechselspannung wirkt die Filterung äußerst effektiv.

Diagramme
Restwelligkeit +12 Volt – Feste Lasten
0306090120150Millivolt 6 Watt35 Watt80 Watt140 Watt210 Watt290 Watt400 Watt550 Watt

Die Messwerte des Core Reactor 650W sind mit maximal 23 mV aber kaum schlechter, obwohl es auf diese zusätzliche Maßnahme verzichtet.

Schutzschaltungen

Dadurch, dass beide Probanden nur über eine einzelne 12-Volt-Schiene verfügen, die jeweils die gesamte Ausgangsleistung des Netzteils bereitstellen kann, wurde auf eine separate Überstromsicherung (OCP) verzichtet und stattdessen die Überlastsicherung (OPP) als Absicherung gegen zu hohe Ströme verwendet. Mit 920 W schaltet das Core Reactor 650W erst relativ spät ab. Das RM650x reagiert bereits bei einer Ausgangsleistung von 830 W. Eine OCP gibt es schließlich nur auf den Minor-Rails, die beim Core Reactor 650W ebenso erst bei relativ hohen Strömen auslöst.

Corsair RM650x
Sicherung Nennstrom / Nennleistung Auslösepunkt der Schutzschaltung
3,3 V OCP 20 A 31 A
5 V OCP 20 A 30 A
12 V OCP 54 A 69 A (Abschaltung bedingt durch OPP)
OPP 650 W 830 W
OTP 120 °C (Synchrongleichrichter-MOSFETs)
XPG Core Reactor 650W
Sicherung Nennstrom / Nennleistung Auslösepunkt der Schutzschaltung
3,3 V OCP 20 A 38 A
5 V OCP 20 A 40 A
12 V OCP 54,1 A 76 A (Abschaltung bedingt durch OPP)
OPP 650 W 920 W
OTP > 143 °C (Synchrongleichrichter-MOSFETs)

Die Kurzschlusssicherung (SCP) wird anhand zweier Messmethoden überprüft. Ein niederohmiger Kurzschluss wird auf den zusammengelegten Leitungen einer einzelnen Spannungsschiene verursacht. Beide Netzteile erkennen diesen Fehlerfall korrekt und schalten ab.

Bei einem Ausfall des Lüfters muss der Überhitzungsschutz (OTP) dafür sorgen, dass Netzteilkomponenten durch erhöhte Temperaturen keinen Schaden nehmen. Ansonsten könnte das zu einem undefinierten, irreversiblen Ausfall des Netzteils führen. Ein Betrieb bei Volllast und abgestecktem Lüfter soll ein solches Szenario nachstellen. Als heißeste Bauteile können die Synchrongleichrichter-MOSFETs ausgemacht werden. Während das RM650x bereits bei einer auf dem Synchrongleichrichter gemessenen Temperatur von etwa 120 °C abschaltet, verrichtet das Core Reactor 650W selbst bei 143 °C noch seinen Dienst. Erst mit externer Heißluft-Zuführung konnte eine Sicherheitsabschaltung schließlich erzwungen werden. In der Praxis würde sich die Hitze in einem solchen Szenario im Netzteil von selbst anstauen, sofern es mit nach unten gerichtetem Lüfter installiert ist.

Dynamische Belastung und Transient Response

Zu empfindlich eingestellte Schutzschaltungen können bei der Versorgung aktueller Hochleistungsprozessoren fälschlicherweise auslösen. Ebenso kann eine zu schwache Ausgangsfilterung des Netzteils Grund für Interferenzen und somit Inkompatibilitäten sein. Als Nachbildung einer gepulsten Leistungsaufnahme wird die 12-Volt-Schiene dynamisch belastet. Zum einen wird eine pulsierende, dauerhafte Last von 50 Kilohertz getestet, zum anderen eine pulsierende Last in einem Frequenzdurchlauf von 500 Hertz bis 50 Kilohertz.

Bei der Belastung mit einem 50-Kilohertz-Strom zeigt sich das RM650x vollkommen unbeeindruckt. Auf der 12-Volt-Schiene ist überhaupt kein Spannungs-Ripple zu erkennen – einzig auf der 5-Volt-Schiene sind die 50 Kilohertz zu erahnen, die mit einer Spitze-Spitze-Spannung von 7,2 mV aber quasi nicht existent ist. Das Core Reactor 650W gibt ein für ATX-Netzteile typischeres Bild wieder, da der aufgenommene Wechselstrom sich auch in den Ausgangsspannungen niederschlägt. Die gemessenen Spannungsamplituden befinden sich allerdings in einem weit unkritischen Ausmaß.

Ober-/Unterschwingung auf 12-V-Schiene RM650x Core Reactor 650W
Positiver Lastwechsel (210 auf 450 W) 11,84 11,83
Negativer Lastwechsel (450 auf 210 W) 12,21 12,25
Minimal- bzw. Maximalspannung in Volt

Auf abrupte Lastwechsel auf der 12-Volt-Schiene reagieren beide Netzteile ähnlich. Die infolgedessen auftretenden Ober- beziehungsweise Unterschwinger sind weit davon entfernt, selbst die für statische Lasten geltenden Grenzwerte der ATX-Spezifikation zu reißen.

Stützzeit, ErP & Standby-Wirkungsgrad

Gerade für günstige Netzteile wird gerne am Stützkondensator gespart, weil ein ordnungsgemäßer Betrieb in einem stabilen Niederspannungsnetz wie dem deutschen auch für geringere Stützzeiten sichergestellt wird. Für Corsair und XPG wird aber vor allem die bessere Filterung des 50-Hertz-Stroms ein Argument für den größeren Stützkondensator gewesen sein. Die Vorgabe von 16 ms, die bei Verwendung einer Offline-USV von Bedeutung ist, können beide Probanden deutlich übertreffen.

Stützzeit
  • AC_loss bis DC_loss:
    • SilentiumPC Supremo L2 Gold 550W
      12,7
    • Minimum
      16,0
    • Kolink Enclave 500W
      20,0
    • Corsair RM650
      21,6
    • Phanteks AMP P550G
      22,4
    • XPG Core Reactor 650W
      23,0
    • Corsair RM650x
      23,6
    • Super Flower Leadex III Gold 550W
      28,0
Einheit: Millisekunden

Ohne Last auf der 5-Volt-Standby-Schiene nehmen beide Testprobanden mit 0,07 W sehr wenig Leistung auf. Auch stellt das Schwachlast-Szenario mit 45 mA keine Hürde für die Netzteile dar, die dabei nur 0,35 W an elektrischer Leistung aufnehmen.

ErP Lot 6 2013 RM650x Core Reactor 650W
Keine Last 0,07 0,07
45 mA auf 5 VSB 0,35 0,35
Maximum 0,50
Aufgenommene Leistung in Watt

Wird mehr Strom im Standby gezogen, erreicht das Core Reactor 650W eine typische Effizienz von knapp 80 Prozent. Beim RM650x liegt der Wert mit rund 77 Prozent etwas niedriger.

5V Standby RM650x Core Reactor 650W
2,5 A 76,7 79,5
3,0 A 76,4 79,3
Wirkungsgrad in Prozent